Onlinecampus Review

Schule sind WIR – Bessermachen statt Schlechtreden

Ausgabe: #1 November 2012
Rubrik: Publikationen
Institution:


Autor: Erwin Rauscher

Erschienen am 14. August 2012.
ISBN: 9783701732784
ISBN ebook: 9783701742943

Es scheint omnipräsent, ansteckend und geradezu lustvoll besetzt zu sein: „das kollektive Raunzen gegen Schule“; ob in aktuellen Publikationen, täglichen Nachrichtenmeldungen, im politischen Diskurs oder im privaten Familienumfeld. Dem setzt Erwin Rauscher, Rektor der PH NÖ, ein Plädoyer FÜR die Schule, für Bildung und für das Lernen entgegen. Alles in allem: ein sanftes ‚In-die-Pflicht-nehmen’  des raunzenden Kollektivs.

Das Hauptproblem der aufgeheizten österreichischen Schulbildungsdebatte, so auch die These des Buches, liegt im Fokus auf dem Gegeneinander anstelle eines Miteinanders. Es sei „unsere gemeinsame Aufgabe, den Erziehenden Mitverantwortung zu gewähren, die Lernenden neugierig zu machen auf Wissen und Werte und den Lehrenden jene Wertschätzung zu bezeugen, die sie für ihr Tätigsein heute brauchen“ (S. 7). Gelingen kann dies – und hier stützt sich Rauscher durchaus auf historisch-philosophisch klassische und bürgerliche Paradigmen – durch  „Stimulation, Ethos, Motivation, Geist [und] ‚Pädagogische[r] Liebe’“ (S. 7).

Schulsysteme und LehrerInnenbildung

Einer DER Aufhänger in der bildungs(partei)politischen Debatte um eine Schulreform ist die Argumentation entweder für die Gesamtschule oder für das Zwei-Schienen-System in der Sekundarstufe I. Rauscher präsentiert Argumente beider Seiten und leitet daraus ab, dass „beide Seiten in ihrer Zielsetzung und Wertmaßstäben Recht haben und Recht haben sollen“ (S. 173). Als Befürworter des Zwei-Schienen-Systems sieht er jedoch keine systemimmanenten Risiken sozialer Differenzierung, sondern durchaus ein Potenzial für Chancengleichheit DURCH ein Zwei-Schienen-System. Entscheidend sei, dass beide Systeme trotz unterschiedlicher Schwerpunktsetzung (allgemeinbildende oder reale Orientierung) gleiche Ziele verfolgen und dass die Systeme durchlässig gestaltet sind. Die Debatte um die LehrerInnenausbildung, so Rauschers Ansatz, soll sich nicht auf den geeigneteren Ausbildungsort (Universität vs. Pädagogische Hochschule) konzentrieren, sondern vielmehr auf die gemeinsamen Ziele und Erwartungen, die wir an LehrerInnen haben. Diese Ziele gilt es zu finden und zu verhandeln und zwar in einem gemeinsamen Dialog zwischen den Ausbildungsstätten. Rauscher wirft eine Reihe von Fragen auf, die den Blick auf gemeinsame Ziele schärfen können, beispielsweise im Bezug auf die Relevanz von Theorie, fachlicher Bildung und praktischer Bildung sowie deren Verhältnis zu einander. Ein neues Ausbildungssystem für LehrerInnen solle in Form eines modularisierten Studiensystems entstehen, wobei die curriculare Hauptverantwortung bei einer eigenen Universität für pädagogische Berufe läge (vgl. S. 190).

Vom Gegeneinander zum Miteinander

Die These und der gleichzeitige Vorwurf, dass das Gegeneinander das Miteinander in unserem Schulsystem auf allen Ebenen dominiert, wird in Schule sind wir stringent und im Kontext diverser aktueller Bildungsthemen verhandelt. Den LeserInnen wird – teils durch kleine veranschaulichende Szenen aus der Lebenswelt der Kinder, Eltern und LehrerInnen – die Festgefahrenheit des Gegeneinanders vor Augen geführt. Dem werden jedoch keine grundsätzlich neuen Lehr-, Lern-, und Erziehungsmodelle gegenübergestellt, sondern Leistungsschule, 50-Minuten-Einheiten und Vorgaben und Regeln zum Vorteil der SchülerInnen ausverhandelt. Rauscher zeigt, wie innerhalb dieser klassischen Strukturen Verbesserungen stattfinden können und bietet zahlreiche Ansätze zum Reflektieren dieser Strukturen mit dem Ziel eines gemeinsamen Besseren.