Mathematik unterrichten mit dem Flipped Classroom-Konzept

2. Praxisbeispiel zu Flipped Classroom

2.1. Gestaltung der Präsenzphase

Unter Präsenzphase versteht man die Unterrichtsstunde in der Schule, während der die Lehrenden anwesend sind. In dieser Phase geht es sowohl um das Üben und Festigen des zuvor Gelernten als auch darum, Fragen zu beantworten und Missverständnisse aufzuklären.
Die Gestaltung der Präsenzphase kann so unterschiedlich sein wie die Lehrenden selbst. Durch Einsatz verschiedener Unterrichtsmethoden und Sozialformen kann diese Phase spannend gestaltet werden.

„The Inverted Classroom is not just videos!“ (Sams zitiert nach Handke, Sperl 2012, S. 78)

Dieses Zitat verdeutlicht gut, dass beim Flipped Classroom die Präsenzphase mindestens genauso wichtig oder sogar noch wichtiger als die Selbstlernphase ist. Ziel der Unterrichtsmethode ist es, die Präsenzphase effektiv zu nützen und die Lehrpersonen vielmehr als Coaches anstatt allwissender Lehrender anzusehen. Damit wird in gewisser Weise auch die Rolle der Lehrperson umgedreht.

Beim Flipped Classroom steht durch die Auslagerung des Theorieinputs mehr Zeit für die Beantwortung von Fragen und für Übungen zur Verfügung als bei herkömmlichen Unterrichtsmethoden. Am Anfang einer Stunde, die nach dem Flipped Classroom-Modell abgehalten wird, ist es ratsam, die wichtigsten Begriffe des zu Hause erfolgten Theorieinputs kurz zu wiederholen, um die Erinnerungen der Schüler und Schülerinnen aufzurufen. Dies sollte nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen.

Es geht nicht darum, nochmals alles zu besprechen, da sonst einige den Sinn der Selbstlernphase zu Hause nicht verstünden und unvorbereitet in die Klasse kämen. Der Unterrichtseinstieg kann, wie schon erwähnt, auch mit einem Quiz erfolgen.

Wenn während der Übungsphase von der Lehrperson bemerkt wird, dass bestimmte Inhalte der Selbstlernphase von einem Großteil der Klasse nicht verstanden wurden, können mit kurzen Lehrvorträgen Missverständnisse behoben werden oder die Inhalte in einem Video gesondert noch behandelt werden.

Methodenvielfalt in der Präsenzphase

Hier werden beispielhaft ein paar Unterrichtsmethoden erläutert, die mit dem Konzept des Flipped Classroom kombiniert werden können. Natürlich können diese auch im konventionellen Unterricht, bei dem die Theorieinhalte nicht ausgelagert werden, angewandt werden.

Das aktive Plenum


Stationenbetrieb

Bei dieser Methode werden verschiedene Stationen im Klassenzimmer oder im ganzen Schulgebäude verteilt, dazu wird ein Laufzettel ausgeteilt. Bei den einzelnen Stationen liegen Angaben mit den Aufgabenstellungen auf, sodass die Schüler und Schülerinnen wissen, was zu tun ist. Man kann sie die Stationen in Gruppen oder alleine durchführen lassen.

Die Methode des Stationenbetriebs eignet sich sehr gut, um die Schüler und Schülerinnen in ihrem eigenen Tempo arbeiten zu lassen und kann im Zuge der Anwendung eines Flipped Classroom Mastery-Modells zu einer weiteren Öffnung des Unterrichts führen. Dabei können Pflicht- und Zusatzaufgaben sowie der Schwierigkeitsgrad der einzelnen Stationen angegeben werden. Es ist ratsam, am Anfang der Stunde die zentralen Begriffe des aufgegebenen Videos im Plenum zu besprechen. Dafür können beispielsweise auch
Schüler und Schülerinnen aufgerufen und dazu aufgefordert werden, diese zu erklären. Es sollte aber darauf geachtet werden, dass dieser Teil der Stunde nicht zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Während des Stationenbetriebs kann die Lehrperson auch versuchen, auf Verständnisprobleme einzugehen.

Ein Stationenbetrieb kann auch mit QR-Codes und Smartphones oder Tablets durchgeführt werden. Dabei werden die Codes mit Hilfe der Geräte eingescannt, und die Aufgabenstellung erscheint am Display. Eine Applikation, die dies anbietet, heißt Actionbound.

Divide and Fight

Bei diesem Spiel wird die Klasse in zwei Gruppen, oftmals in linke und rechte Seite der Sitzordnung, unterteilt. Anschließend werden entweder mittels eines Projektors nacheinander Aufgaben an die Wand projiziert oder mündlich gestellt. Wenn ein Schüler oder eine Schülerin eine Antwort weiß, ruft er oder sie diese heraus. Bei einer richtigen Antwort erhält die dazugehörige Gruppe einen Punkt. Die Gruppe, die am Ende der Stunde am meisten Punkte hat, gewinnt. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die soziale Faulheit nicht unterbunden wird und nicht alle zum Mitdenken angeregt werden. (vgl. https://wiki.zum.de/wiki/PH_Heidelberg/Bausteine/Divide_and_Fight)